Auf Bogotà folgt nach 20stündiger Busfahrt ein Aufenthalt in Santa Marta. Die Stadt begeistert mich persönlich nicht sonderlich, da der Strand eher ein Liegeplatz für Container statt für bunte Handtücher zu sein scheint. Bis auf die Altstadt finde ich hier nicht viel Schönes und frage mich, woher dieser gute Ruf kommt?
Einzig empfehlenswert: ein Tagesausflug mit dem örtlichen Bus (1500 COP$ pro Strecke, umgerechnet also 0,60 EUR) nach Taganga, einem kleinen Nebenort. Dort einen Kaffee und Sandwich im Café Bonsai nehmen und ein Boot zum Playa Grande chartern. Das kostet nicht viel, gibt aber erstes karibisches Strandfeeling.
Tayrona Nationalpark
Viel empfehlenswerter ist allerdings folgende Station: der Parque National de Tayrona. Eine abenteuerliche Busfahrt von circa anderthalb Stunden von Santa Marta entfernt liegt dieses Naturreservat. Kostenpunkt für die öffentliche Busfahrt: rund 6.000 COP$, umgerechnet knapp 2,50€ pro Person. Die Busse sehen aus wie kleine rostige Sardinenbüchsen, durch die permanent offenen Fenster stürmt der Fahrtwind herein. Unser Fahrer sitzt unter vielen Bommeln (selbst der Schaltknüppel hat passende Accessoires zu bieten) und sein Arbeitsplatz ist bedeckt von variantenreichen, glitzernden „I love Jesus“-Aufklebern. Sollte uns das zu denken geben? Betet da jemand um Sicherheit auf der holprigen Fahrt? Wir klammern uns an unsere Rucksäcke und sitzen relativ stabil im schaukelnden Gefährt. Ein zweiter Kollege treibt währenddessen – zwischendrin immer die Nase im Fahrtwind der offenen Tür – die Ticketgelder von den Fahrgästen ein.
Die Haltestelle zum nördlichen Eingang des Parks – der Haupteingang für Touristen – wird ausgerufen und wir stehen am staubigen Straßenrand, begierig uns noch ein Bett im Park für die Nacht zu organisieren. Erst einmal durch den Eingang gekommen, inkl. Passnummernangabe wie überall hier, bringt uns ein Bustaxi zum oberen Parkplatz des Parks (3000 COP$ p. P.). Von dort nehmen wir auf Empfehlung nicht den circa 1,5 stündigen Fußmarsch zum ersten Zeltplatz in Arrecifes sondern lassen uns auf die Erfahrung „Ritt mit großem Trekkingrucksack“ ein. Ich auf hoch zu Muli, der elbmonsieur hoch zu Pferde. Sollten sich die Reiterferien 1994 doch noch auszahlen? Über Stock und Stein arbeiten wir uns schunkelnd durch die Urwaldlandschaft voran. Plötzlich: Affengebrüll und wildes Grillenzirpen in ohrenbetäubender Lautstärke. Mein Kopf ist gerade nicht besonders wendig um den Ursprung auszumachen – andernfalls würde ich vermutlich recht ungrazil vom Muli plumpsen, wie ein Käfer auf dem Rücken mit den Gliedmaßen zappelnd (mein derzeitiger Schwerpunkt dank Rucksack). Ein vermeidbares Risiko, oder? Dennoch, Urwaldstimmung pur!
Wir sind froh, als wir nach 45 Minuten Ritt das Camp erreichen, verschwitzt und leicht nach Reittier riechend. In der Ferne lockt uns bereits das Meeresrauschen – schnell noch ein Zelt bei einem der Campingplätze gebucht und los geht’s. Nur kurz wundern wir uns hierbei über die zahlreichen rotbraunen Flecken auf den Zeltdächern unter dem von Palmwedeln bedeckten Unterstand – damit beschäftigen wir uns später.
Am karibischen Meer angekommen stehen wir fast allein an einem der schönsten Strände, die ich je gesehen habe. Das blaue Meer bricht sich in mächtigen Wellen am hellen Strand, Baden ist hier strikt verboten. Hinter uns: Schilf, stehendes Gewässer und viele Palmen, durchbrochen nur von riesengroßen, weich gewaschenen Felsbrocken. Wie zufällig liegen diese im Wasser verteilt.
Wie kommt es eigentlich, dass man am Meer keinerlei Unterhaltung benötigt sondern stundenlang einfach den Wellen zuschauen kann, dabei lauter schöne Gedanken im Kopf?
Doch es kommt noch schöner – wir planen zwei Nächte im Nationalpark zu bleiben. Als wir uns abends in das zugegebenermaßen sehr stickige Zelt begeben beginnt eine der bislang fiesesten Nächte der Reise. Sauna-Feeling bis zum Morgengrauen – an Schlaf ist kaum zu denken. Auch die rostbraunen Flecken erklären sich – stetig erleichtern sich Fledermäuse auf unser Zeltdach, den Eindruck leichten Regens erweckend.
Als der Morgen graut und wir durch die Freiluftdusche erfrischt in den Tag starten, geht es uns allerdings schon wesentlich besser. Die Flüssigkeitsspeicher sind schnell wieder aufgefüllt und wir machen uns auf den Weg die Strände des Parks zu erkundigen. An einigen ist das Baden möglich, andere sind zu gefährlich. Das Ziel: Pueblito, eine kleine Ureinwohner-Ruinenstadt im Park haben wir als mögliches Ziel ebenfalls auf dem Plan, als wir unsere Turnschuhe anziehen. Durch kleine Wälder geht es immer parallel zur Uferkante durch den Park. Die Strände werden noch schöner als derjenige bei unserem Campground und wir legen nach einer morgendlichen Hand voll Nüsse eine Frühstückspause beim Cabo de San Juan ein.
Spartanisches Toast und richtig heißer, Lebensgeister weckender Kaffee machen uns wieder fit. Der Weg hinauf nach Pueblito – wir entschließen uns zur Wanderung – beginnt genau hier. Im Lonely Planet (affiliate-Link) als nicht allzu schwierig, dennoch anspruchsvoll beschrieben – ambitioniert. Wir sind noch rechtzeitig, interpretieren wir das Schild am Start der Route hinter dem Campingplatz. Dort steht, soweit wir es verstehen, dass der Weg nicht nach 13h angetreten werden sollte. Als einige Spanier vor uns auf dem Pfad verschwinden fassen wir uns ein Herz und laufen los (die werden’s schon verstanden haben). Im Schatten der Spanier fühlen wir uns sicher und gewinnen Boden – die Hinweisschilder am Wegesrand fungieren hierbei als Motivator. Bei 20% (laut Schild) lassen wir die Spanier hinter uns und stehen den ersten kletterintensiveren Steinen gegenüber. Wo ist hier der Weg? Ich denke nicht erst bei 40% darüber nach, worauf ich mich hier eigentlich eingelassen habe, die Klamotten kleben uns hier bereits am Leibe, die Spanier haben wir schon länger nicht mehr gesehen. Und sehen sie auch bis zum Schluss nicht mehr, sie haben vermutlich aufgegeben.
Ich vermute Schlangen und anderes Krabbelgetier hinter jedem Stein und werde langsam unleidlich. Aber Aufgeben stünde nicht zur Debatte, wie mich der elbmonsieur aufklärt. Ok, dann halt weiter, jammern nützt wohl nichts. Wir haben 3 Liter Wasser im Tagesgepäck, diese sind am Ende sehr knapp – Erleichterung macht sich erst breit, als uns zwei der wenig beim Abstieg entgegen kommenden Wanderer versichern: „oben gibt es Wasser zu kaufen“. Puh, ich sah mich schon auf einem Stein kleben, völlig ausgetrocknet und schrumpelig.
Wir schaffen den Rest des Weges nur, weil er mich auf den einen oder anderen Stein zieht. Der Weg ist nicht immer klar zu erkennen eigentlich hüpfen wir nur von Stein zu Stein und schauen, dass wir weiterkommen. Ich frage mich, weshalb zum Henker diese Wanderung nicht als absolute Katastrophe und nur mit Steigbügeln zu erklimmen beschrieben wird. Zumindest für normal trainierte Frauen.
Aber: wir haben es gepackt! Mit vor Stolz geschwollener Brust und mehr als 5 Litern Wasser, erreichen wir vier Stunden nach dem Aufstieg den Ausgangspunkt. 100m vor dem Austritt aus dem Wald begegnet uns dann wirklich noch eine kleine Schlange – wer vor wem mehr Angst hat, vermag ich nicht zu sagen.
Pueblito selbst, das Dorf, war spannend zu sehen und man erahnte inmitten der Ruinen was einst gewesen sein mag. Dennoch, bei dieser Wanderung war eindeutig der Weg das Ziel.
Feddich mit der Welt wollen wir nur noch eins: nicht noch eine Nacht in diesem katastrophalen Zelt schlafen. Also tun wir das nahe liegende und mieten uns für die kommende Nacht auf dem Campingplatz nebenan ein, für jeden eine mit Moskitonetz überspannte, saubere Hängematte. Überdacht, aber dennoch im Freien – toll! Die Dusche ist auch hier mit Waldpanorama zu genießen und die gesamte Anlage sehr sauber und total schön. Meine Empfehlung, falls es euch in den Tayrona Nationalpark verschlagen sollte also: der Yuluca Campground. Für alle, die keine Hängematten mögen: es gibt auch sehr schöne Cabañas mit privaten Zimmern. Das angeschlossene Restaurant bietet von 18-22h leckeres und auch landestypisches Essen: frittierten Fisch mit Kokosreis und Kochbananenchips beispielsweise. Und leckere Frucht-Cocktails. Wir sind happy und genießen die zweite Nacht entspannt und bei mildem Luftzug durch unsere Unterkunft.
Am Morgen regnet und gewittert es und warmer Regen bietet Abkühlung und Entspannung. Das durch fliegende Händler im Park verkaufte pan au chocolat und pan con queso genießen wir sehr (ein tolles, günstiges Frühstück für umgerechnet knapp 1 € – absolute Empfehlung!
Nun steht uns nur noch eine Hürde vor dem Erreichen unseres nächsten Streckenpunktes bevor: der Weg aus dem Park heraus. Verwöhnt durch Muli und Pferd ist uns zum Glück die Anstrengung noch nicht bewusst, als wie diesen Antreten. Ich bin dennoch hoch motiviert, da der Park Ranger nur 30m von uns entfernt eine wild rasselnde Klapperschlange unter dem Terrassentisch hervorholt und im (viel zu nahen) Baum absetzt. Wah, schnell weg!
Müde Muskeln in Kombination mit schwerem Gepäck münden in erneut völliger Verausgabung, als wir nach rund 1,5 Stunden fluchend am Ausgang eintreffen. Tipp: nicht das gesamte Gepäck mitnehmen, sondern Tagesrucksäcke packen! Als wir im Bus sitzen sind wir glücklich dank der vielen wundervollen Eindrücke – aber reif für ein paar Tage Strand an der Karibikküste.
Auf nach Palomino!
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shadownlight sagt:
die natur ist bezaubernd schön!
liebe mittwochsgrüße!
shadownlight sagt:
die natur ist bezaubernd schön!
liebe mittwochsgrüße.
Kathrin sagt:
Wow, klingt nach einem tollen Erlebnis!! Bei den Foto-Resultaten kann man nur sagen: die Anstrengung hat sich gelohnt! ;) Liebe Grüße und weiterhin gute Reise!
Manon sagt:
Wooow… bei deinen wunderschönen Meer-Bildern ist grade das Fernweh mit Krawumms gekommen… Eine ganz wundervolle Reise weiterhin!! Liebe Grüße, Manon
Fee ist mein Name sagt:
Wow! Was freue ich mich jetzt auf deine nächsten Posts. Ich werde da wohl überall nie hinkommen. Umso schöner, mit dir reisen zu können!
Andrea sagt:
Hi Jasmin,
es macht riesig Spaß, deine Urlaubsabenteuer mitzuverfolgen. Die Fotos sind einfach traumhaft. Dieses Jahr bleibt mir leider keine Zeit in den Urlaub zu fahren. Aber dadurch dass du uns auf deine Reise mitnimmst, ist es nur noch halb so schlimm. ;) :D
Ich hoffe, du hast noch ganz viel Freude an deinem Urlaub!
Liebste Grüße
Andi
Marc sagt:
Wow, Hut ab! Schön das man euch hier folgen kann und wirklich sehr unterhaltsam geschrieben. Freue mich auf mehr.
Lg,
Marc
Jasmin sagt:
Vielen lieben Dank dafür! Wir haben auch sehr gespannt deine Reiseberichte verfolgt – ich freu mich auf Details beim Wiedersehen.
Viele liebe Grüße aus Medellin,
Jasmin
Franz Fuchs sagt:
WOW!!!!!! Wirklich atemberaubende Bilder. Wünsche ich könnte auch mal hinfliegen :)
Isa sagt:
Wie schön, wenn man wie bei dir von den Erfahrungen anderer profitieren darf: wir sind mit TagesRucksack im Yuluca eingecheckt, der Marsch durch den Dschungel war noch schweißtreibend genug, die Nacht im Zelt dafür verregnet ;)
Viele grüße aus Medellín und danke für die tollen und ausführlichen Kolumbien-Berichte!
Isa
Jasmin sagt:
Das klingt doch sehr gut (also ohne den Regen ;-)).
Habt eine wundervolle Zeit und grüßt mir das wundervolle Kolumbien!
Viele Grüße aus dem verregneten Hamburg,
Jasmin