Nach sieben wunderschönen und erlebnisreichen Wochen in Kolumbien wird es Zeit sich gen Süden aufzumachen. Eigentlich hatten wir nur vier Wochen für das Land geplant, aber zum Glück noch keine weiteren Flüge gebucht, so dass wir flexibel waren. Dennoch, die Liste ist lang und fünf Monate erscheinen auf einmal viel zu kurz um alles zu sehen, was wir sehen wollen.
Nächste Ziel deshalb: Bolivien. Leider sind die grenzübergreifenden Flüge ziemlich teuer, so dass wir uns nach eingehender Recherche für die Route über Peru entscheiden. So wird einerseits die Reisekasse nicht allzu sehr belastet und wir haben außerdem die Gelegenheit, uns das Weltwunder Machu Picchu anzusehen. So fliegen wir von Manizales über Bogota nach Lima und am nächsten Morgen weiter nach Cusco.
Zugegebenermaßen sind wir ziemlich groggy, als wir morgens um 8h den Kopf über den Empfangstresen unseres Hostels stecken. Der Mitarbeiter hat jedoch Mitleid und spricht zudem noch englisch. Hallelujah! Er lässt uns sogleich ins Zimmer und deutet auch vielsagend auf das Frühstücksbuffet. Ein guter Start in Peru!
Aufgrund der Höhenlage von knapp 3.300m sind wir recht kurzatmig und ziehen es vor den Tag zur Abwechslung ganz ruhig anzugehen. Heimeligkeit kommt dabei durch unseren britischen Zimmergenossen auf, der sich durch die neuen Mitbewohner nicht aus der Ruhe bringen lässt und auf dem Boden des Raumes munter seinen Hindernisparcours aus Dreckwäsche und Toilettenartikeln aufbaut. Aber hey, er ist nett und schnarcht nicht – das kennen wir auch anders.
Als die Kurzatmigkeit langsam besser wird, wird uns zugleich bewusst, dass mit der Höhe auch die Kälte kommt. Nix Karibik, ab sofort heißt es trotz Sonnenschein: Kühlschrank-Temperatur. Angesichts der Touren, die noch geplant sind, wühlen wir uns in den folgenden Tagen durch das lokale Angebot an Daunenjacken, um die Ausrüstung zu ergänzen. Es gibt viel Schrott und unzählige Fälschungen bekannter Marken, aber wir werden fündig. Eine leichte und vom Packmaß her sehr kleine Daunenjacke kann nun unter der Wind- und Regenjacke getragen werden.
Doch wir sind schließlich nicht nur wegen der bezahlbaren Flugverbindung Richtung La Paz hier, sondern auch, weil wir doch die Gelegenheit nutzen wollen, uns das Weltwunder Machu Picchu anzusehen. Die beeindruckende Inkaruine aus dem 15. Jahrhundert ist sicher einer der größten Touristenmagnete des Kontinents und Covermodel unseres Reiseführers, des Lonely Planets (affiliate-Link, siehe unten). Grund genug, dass wir uns unbedingt auf das Abenteuer einlassen wollen. Wir wählen aufgrund des Zeitmangels – eigentlich wollten wir ja bereits seit Wochen in Bolivien sein, ähem – die bequeme Variante mit dem Zug. Die 5-tägige Wanderung wird jedoch sehr empfohlen, falls ihr demnächst mal in der Gegend seid. Es gibt auch einenn Trek, der eine Tour zur Inka-Ruine Choquequirao einschließt. Diese „kleine Schwester Machu Picchus“ ist weniger überlaufen und erst zu 30% freigelegt. Schade, dass das für uns nicht klappt.
Wir fühlen uns sehr gut betreut durch unsere nette Agentin von Comfort Tours. Das Beratungsgespräch einige Tage zuvor war typisch, das Englisch überraschend gut: im Hintergrund schaut das Kind der Beraterin fleißig YouTube-Comic-Clips, die bunt hüpfenden Bilder paralysieren das Kind zu schweigsamem Beiwerk des Beratungsgesprächs. Wir buchen nach Preisvergleich bei ihr, sie wirkt vertrauenswürdig, motiviert und gibt uns auch noch die Bustickets zum Eingang der Ruinenstadt on top. Kostenpunkt der Tour: 230 Dollar (Stand Ende 2015).
Einzig problematisch die folgenden Tage: es herrscht Streik und Ausnahmezustand in Cusco. Protestiert wird gegen die Privatisierung des Tourismus am Machu Picchu oder so. Es brennen Autoreifen, die Stadt steht still. Wir auch. Unser geplanter Tagesausflug in eine Nachbarstadt muss leider ausfallen, denn es fährt kein Bus. Auch unsere Tour nach Machu Picchu wird deshalb um zwei Tage verschoben. Zum Glück können wir unser Hostel verlängern. Stattdessen erleben wir eine Free City Walking Tour und trinken Pisco Sour über den Dächern Cuscos.
Auf nach Machu Picchu.
Doch dann geht es endlich los: der Zug bringt uns von Cusco aus nach einer zweistündigen Busfahrt über Ollantaytambo fast direkt nach Aquas Calientes.
Fast direkt, weil der vorausfahrene Zug leider aufgrund eines Defekts die Bahnstrecke korkenartig für den gesamten Zugverkehr blockiert. Ein Highlight, da wir bereits beim Einsteigen inmitten der ebenfalls komfortabel eingebuchten Rentnergesellschaft – unter mürrischer Tourleitung einer etwas properen Version von Jean Reno – wünschen, die 5-tägige Wanderung gebucht zu haben. Die mit Eis, wunden Füßen und Nächten im Zelt. Denn die Gruppe honoriert gut gelaunt jede kleine Tunnelfahrt mit Hurra-Rufen und überschlägt sich angesichts der Runde Trockenfrüchte die mild lächelnd von unserem Service-Mitarbeiter Verner verteilt werden nahezu vor Glück. Eine Once-in-a-lifetime Erfahrung für die meisten. Doch, der Ausblick ist schon richtig schön. Wir pflegen deutsches Understatement und verhalten uns still während wir die Fahrt genießen. Bis zum außerplanmäßigen Stopp.
Nach einigen Stunden Wartezeit in der mittlerweile recht kuschligen Atmosphäre des Zuges (aufgrund diverser Regenschauer schließen ängstliche Mitreisende jede Möglichkeit der Frischluftzufuhr) dürfen wir dann die letzten paar hundert Meter zum Bahnhof zu Fuß gehen und machen uns inmitten des Chaos mit circa 2.000 anderen Passagieren auf die Suche nach unserem Hostel.
Der Ort macht einen hübschen, dennoch sehr touristischen Eindruck. Umgeben von tollem Bergpanorama kocht hier ein Kesselchen voller bunter Marktstände, Kioske und immer gleicher, teurer Restaurants. Jedes versucht uns mit einem hauseigenen Marktschreier hineinzulocken, wir entscheiden uns für das einzige Restaurant ohne und genießen eine leckere Pizza zur Stärkung für den morgigen Tag.
Nach kurzer Nacht in anonymer Atmosphäre in unserem recht schäbigen Hostel (die unmotivierten Mitarbeiter verdienten die Plakette „Mitarbeiter des Monats“ definitiv nicht), treffen wir uns frisch und gut gelaunt am Morgen um 4.30h mit unserem Guide um den Weg zur Bushaltestelle zu nehmen. Wer denkt, wir wären dabei die ersten irrt gewaltig. Wir reihen uns an Platz 124 und 125 in die Schlange der Frühaufsteher ein und sind nach kurzer Fahrt schließlich just in time vor dem Eingang zur Ruinenstadt angekommen. Der frühe Vogel fängt hier eindeutig den Wurm.
Um sechs Uhr öffnen sich die Pforten für die Besucherströme. Kaum vorzustellen, was hier in der Hauptsaison los sein muss, wenn man jetzt schon inmitten einer großen Menschentraube ansteht…
Zum Glück folgen wir dem Rat der lieben Katja und beeilen uns nach dem Einlass, schnell in Richtung des Guardhouses zu kommen und von diesem Punkt aus einige menschenleere Fotos der Anlage zu schießen bevor die in der Tour inkludierte Führung losgeht. Ist ja auch viel schöner als 867 bunte Regenjacken auf den Bildern zu sehen, oder?
Die Führung ist sehr spannend und es wird deutlich, was hier eigentlich geleistet wurde. Die Stadt barg Platz und Versorgung für maximal 1.000 hochrangige Quechua, es lebten allerdings stets um und bei 800 Menschen dort, weil der Inka (König) grundsätzlich mit großem Gefolge anreiste. Dann war schnell die 1000er Marke erreicht. Die Stadt selbst wurde an diesem Ort hoch oben auf circa 2.400m errichtet, weil einerseits die Baustoffe vorhanden und andererseits relevante Sonnenstände und Konstellationen vorgefunden wurden. Dies lässt sich an verschiedenen Orten wie dem Sonnentor und baulichen Ausrichtungen erkennen.
Nach der Führung machen wir uns noch auf den Weg zum so genannten Sonnentor, einem Ort an dem die Sonne zu eine bestimmten Zeit im Jahr exakt hindurch scheint. Von diesen Plätzen und geografischen Referenzpunkten, wenn man so will, gibt es einige. Es ist erstaunlich wie viel Bedeutung an unterschiedlichen Orten von Machu Picchu steckt. Die Aussicht von hier oben ist gigantisch und wir bereuen, dass wir leider keine Tickets für einen der zwei Berge haben. Die Wanderungen auf den Wayna Picchu und den Montaña Machu Picchu sollen steil, aber spektakulär sein und der Ausblick grandios. Die Tickets müssen vorher, am Besten bei Tour- oder Ticketbuchung, gegen eine kleine Extragebühr gelöst werden.
FAZIT: die Ruinenstadt ist faszinierend und definitiv einen Besuch wert und ein Wunder menschlicher Handwerkskunst! Sie wurde übrigens nie fertiggestellt bevor die Spanier den Kontinent überrannten und die Quechua-Bevölkerung an den Rand der Auslöschung brachten. Zum Glück fiel Machu Picchu den Spaniern nicht zum Opfer, sie wussten schlichtweg nicht von ihrer Existenz. Ansonsten hätten sie wohl, wie in Cusco, alles Gold eingesackt, die Inka-Tempel niedergerissen und christliche Kirchen auf den Ruinen errichtet.
Ach so: Ein wichtiger Hinweis für euren Besuch Machu Picchus noch: Mückenschutz mitnehmen, die Insekten sind aggressiver als in anderen Teilen des Landes und essen einen bei lebendigem Leibe auf – wir haben einige unschön zerstochene Beine gesehen!
Nach dieser kurzem Stippvisite in Peru sind wir bereit die Weiterfahrt nach Bolivien anzutreten. Über das Hostel buchen wir einen Platz im Bolivia-Hop-Bus und machen uns auf, die Grenze nach einem Zwischenstopp am Titicacasee in Richtung La Paz zu überqueren…
* Affiliate-Link. Ich erhalte bei eurem Einkauf eine kleine Provision – der Preis ändert sich hierbei natürlich nicht für euch.
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shadownlight sagt:
wow die bilder sind beeindruckend und danke auch für den bericht dazu!
ich wünsche dir einen wundervollen 3. advent! liebe grüße!
Jasmin sagt:
Danke, liebe Jutta! :-)
Liebe Grüße und auch dir eine schöne Vorweihnachtszeit,
Jasmin
Jutta von Kreativfieber sagt:
Toll, der ungeplante Zwischenstopp hat sich definitv gelohnt – wunderschöne Bilder :)
Caro sagt:
Bin ganz zufällig auf euren Blog gestoßen und total hin und weg! Ihr seid mutig und abenteuerlustig – typisch Hamburger ;-)
Die Fotos sind echt toll. Habt ihr noch mehr über das Feeling mit den Einheimischen zu berichten? Eigenarten? Überraschungen?
Ich möchte auch so gerne eine Tour wie diese unternehmen und freue mich über noch mehr Insights. Besos
Jasmin sagt:
Hallo Caro,
die Einheimischen waren sehr freundlich und offen – und haben auch sehr gut Englisch gesprochen (funktioniert bei mir immer noch deutlich besser als Spanisch).
Leider kann ich dir kein umfassendes Bild der Bevölkerung geben, da wir uns vorrangig im Touristenzentrum Cusco aufgehalten haben und nicht lange im Land waren. Und in Cusco ist natürlich alles sehr auf die Massen an Touristen ausgelegt…
Bei einer FreeCity Walking Tour haben wir dennoch einen groben Eindruck, auch der kulturellen Problemzonen, erhalten. Da ging es um fehlende Bildungszugänge, das „klein halten“ der ländlichen und ärmeren Bevölkerung, Landflucht und Armut bildungsferner Schichten (das sind dann häufig die, die in Trachten gekleidet mit kleinen Lämmern auf dem Arm Touristen um Münzen für Fotos anbetteln). Im Gegensatz zu Argentinien beispielsweise, sind hier noch sehr viele indigene Ursprünge bei den Menschen zu sehen, dieser kulturell interessante und wunderschöne Eindruck wird durch die tollen bunten Trachten und Textilien unterstützt.
Ich würde definitiv noch einmal hinfahren, wenn sich die Gelegenheit ergibt, es ist ein sehenswertes und wunderschönes Land!
Ich hoffe das gibt einen kleinen Eindruck…. :)
Viele Grüße,
Jasmin
Anne sagt:
Hallo Jasmin,
oh, herrliches Macchu Picchu! Ich erinner mich noch an meinen Besuch, als sei es gestern gewesen!
Vom Pisco Sour über Cuscos Dächern kann ich auch ein Lied singen :)
Warum fahrt ihr nicht mit dem Bus nach Bolivien, über Copacabana am Titicacasee? Von Cusco aus nicht sinderlich weit und es gibt viele komfortable Buslinien.
Jasmin sagt:
Liebe Anne,
genau, so haben wir es auch gelöst, das fanden wir auch sehr entspannt. :-)
Liebe Grüße,
Jasmin