Eine Empfehlung bringt uns auf die Idee unseren straffen Bolivien-Aufenthalt (sieben Wochen Kolumbien fordern ihren Tribut) mit einem Abstecher in den Nationalpark Sajama zu ergänzen. Hier erhebt sich der höchste Berg des Landes und gleichzeitig höchsten Vulkane der Welt, der Sajama. Nahe der chilenischen Grenze befindet sich dieser äußerst abgelegene Nationalpark, welcher jährlich nicht viele Besucher zählt. Klopapier muss in diesen Gegenden selbst mitgebracht werden, Wasser stecken wir ebenfalls ein. Sicher ist sicher. Auf 4.200m hält man es zudem nicht leicht aus, die Luft wird immer dünner, vorherige Höhengewöhnung ist unbedingt angeraten.
Ein Bus bringt uns über karge Landstriche nach Patacamaya, weniger ein Ort, mehr eine Wegkreuzung mit diversen Hütten und Kiosken, von wo aus wir einen weiteren Bus zum Park nehmen wollen.
Drei Stunden Autofahrt durch Niemandsland liegen vor uns, doch am Wegesrand tun sich trotz kärglichem Bewuchs atemberaubende Panoramen auf. Wir teilen uns an dieser Stelle ein Collectivo mit einer französischen Reisegruppe. Unser Fahrer meint es gut mit uns und hält auch an einigen Stellen an, hier und dort sind turmähnliche Steingebilde zu sehen, alte Inka-Wohnstätten, wie uns der Fahrer erklärt. Zum Glück fotografieren auch die Franzosen gern, weshalb ich mich nicht als einzige Person ständig aus dem Fond des Wagens auf die Straße zwängen muss.
Angekommen im Nationalpark selbst, ergattern wir noch ein Zimmer – für genau eine Nacht. Die zweite geplante Nacht müssen wir leider auf eine weniger komfortable Unterkunft ausweichen.
Doch darum machen wir uns noch keine Gedanken und nutzen die letzten Stunden Tageslicht um die Umgebung zu erkunden. Kaum Menschen, nur Lamas, Staub und Berge. Der einzige Bewuchs sind kleine trockene Büschel, die die Ebene bevölkern, gesäumt von einem spektakulären Bergpanorama.
Mit der Nacht kommt auch die Kälte. Was am Tag noch durch Sonnenstrahlen auf angenehme Temperaturen gebracht wurde, ist in der Nacht klamm und ziemlich kalt. So legen wir uns unter die zahlreichen Woll- und Filzdecken unserer urigen Lehmhütte und schlafen recht unruhig dank voller Montur, der Höhenmeter und des Gewichts von vier Decken. Die Tageswanderung zu den heißen Quellen im Nationalpark erscheint nach dieser Nacht mehr als attraktiv.
Unsere Wanderung verläuft über Flachland inmitten des wunderschönen Panoramas, dennoch recht anstrengend dank der Höhenmeter. Wir laufen stundenlang über die Ebene, vorbei an Lamas und Ruinen verlassener Lehmhäuser. Um uns herum ragen rau die Berge auf, der blaue Himmel und Sonnenschein wecken gute Laune während wir durch den Staub schier endlos geradeaus marschieren.
Ob wir wirklich richtig sind…sehen wir nicht, weil das sprichwörtliche Licht angeht, sondern, weil am Ende tatsächlich die heißen Quellen auf uns warten. Keine Markierung zeigt uns den Weg bis hierher an und wir begegnen an diesem Tag nur sehr wenigen Menschen.
Dieses Gefühl der Einsamkeit ist ungewohnt und ein kleines Stück weit gruselig. So weit weg von zu Hause, von jeglichem Komfort und abgeschieden von jeglicher Notfallversorgung. Ok, Gedanken aus und die Landschaft genießen. Hier fällt bewusst auf, wie weit beide Welten im Alltag voneinander entfernt liegen.
Doch zurück zu den Quellen: ein einsames Haus und Dampfwolken, die dahinter aufsteigen, hier muss es sein! Die geschäftstüchtige ältere Dame scheint die Eintrittsgelder zu den heißen Quellen zu verwalten, in denen sich bereits einige Leute tummeln. Gleichzeitig preist sie das niedliche Enkelkind und diverse Alpaka-Strickwaren an. Wir müssen jedoch dankend ablehnen und sitzen stattdessen eine Weile mit ihr in der Sonne.
Die Wirklichkeit zeigt ihr Gesicht auch hier und konfrontiert uns mit einer Toilette, die seit Einbau jemals weder WC-Ente noch Klobürste von Nahem gesehen hat.
Die zweite Nacht ist ebenfalls kalt, wird jedoch von einer heißen Dusche entschärft. Gut, dass wir uns bereits in La Paz an die typischen Elektroduschen gewöhnen konnten. Hier kommt zusammen, was zu Hause streng getrennt wird (Papa, einfach weghören). Der „Durchlauferhitzer“ sitzt direkt im Duschkopf. Schockierend, besonders angesichts des einen oder anderen Kabels, was uns in unmittelbarer Entfernung begegnet, aus dem Duschkopf ragend. Ja, duschen darf, wer den Nervenkitzel mag.
Gern genommen als ergänzende Anforderung an die akrobatischen Fähigkeiten des Langzeit-Travellers: den Duschkopf schräg über dem WC eingebaut vorzufinden. Ob dies die Reinigung des Badezimmers erleichtern soll oder schlichtweg fehlgeplant ist? Man sollte jedenfalls überlegen, in welcher Reihenfolge die Sanitärobjekte am Besten zu nutzen sind.
Fazit: der Sajama Nationalpark Park ist unbedingt einen Besuch wert, ein voller Tag jedoch ausreichend um einen guten Eindruck des Ganzen zu bekommen – falls ihr nicht gerade professionelle Kletterer seid, dann ist auch eine Besteigung des Vulkans drin. Für alle anderen ist am Base Camp Schluss.
Mehr über Bolivien? Hier geht es zu meinem Reisebericht über die Salzwüste Salar de Uyuni.
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shadownlight sagt:
die landschaft, die farben, einfach traumhaft!
liebe grüße zum wochenanfang!